Update zur Therapie der neurogenen DÜA mit Botulinumtoxin A (BTX-A)

botox iStock1Wenn Antimuskarinika zur Relaxation des überaktiven Detrusors nicht ausreichen, nicht vertragen werden  oder kontraindiziert sind,  hat sich die intradetrusoreale Injektion von BTX-A als miniinvasive Second-Line-Treatment bewährt.

 

Zurzeit werden weltweit 6 BTX-A-Präparate angeboten, die nicht bioäquivalent sind und deshalb unterschiedliche Dosierungen erfordern.  Zur Differenzierung wurden diesen Substanzen folgende Namen gegeben:

Botox ® = Onabotulinum Toxin A; Dysport®= Ababotulinum; Xeomin®= Incobotulinum; Botulift (Südkorea) noch kein Name; Prosygne (China) noch kein Name; PurTox® (USA) noch kein Name

BTX-A bewirkt eine langanhaltende, aber klinisch reversible  Denervierung des Detrusors für die Dauer von etwa 9 Monaten1-7.

Die Wirkung von BTX-A bei neurogener Detrusorüberaktivität wurde bereits 2005 in einer plazebokontrollierten Studie von Schurch et al bewiesen. Wiederholte Injektionen sind ohne Effektivitätsverlust möglich7, 8, 9. Muskelschwäche in anderen Körperregionen infolge Migration ist eine gelegentlich beschriebene Nebenwirkung5,7,9. Histologische Studien zeigten keine ultrastrukturellen Veränderungen nach Injektion von BTX-A.

Aufgrund der Ergebnisse von zwei multizentrischen, plazebokontrollierten Studien mit ONA-Botulinumtoxin A10, 11 bei neurogener Detrusorüberaktivität infolge posttraumatischer Querschnittlähmung, oder bei der Multiplen Sklerose, wurde Botox® von der FDA und der EMA im Jahre 2011 für die Indikation „Harninkontinenz bei neurogener Detrusorüberaktivität bei posttraumatischer Querschnittlähmung und bei MS“ in einer Dosis von 200 U zugelassen.

In Österreich ist Onabotulinum Toxin A (Botox®) zur Therapie der Harninkontinenz bei neurogener Detrusorüberaktivität bei posttraumatischer subzervikaler  Querschnittlähmung und MS in einer Dosis von 200 UI verdünnt auf 30ml physiologischer Kochsalzlösung zugelassen.

Diese Zulassung gilt jedoch nicht für die anderen BTX-A Präparate. Wird ein anderes BTX-A Präparat verwendet, so geschieht dies “OFF LABEL“ und der Patient muss  darüber aufgeklärt werden. Aus rechtlichen Gründen sollte dokumentiert werden, warum nicht das registrierte Präparat verwendet wurde.

Nach Ermessen des behandelnden Arztes können jedoch auch von Botox niedrigere, oder höhere Dosen, OFF LABEL gegeben werden, die Begründung insbesondere bei höheren Dosen sollte ebenfalls dokumentiert werden.

Über die Möglichkeit der Migration eines Teils der injizierten  Menge BTX-A und der damit verbundenen Symptome innerhalb 14 Tagen nach Therapie (Doppelbilder, Schluckstörung, Muskelschwäche) sollte der Patient aufgeklärt werden. Eine Wiederholung der  BTX-A-Therapie sollte nicht vor 3 Monaten erfolgen. Dies trifft für alle BTX-Anwendungen (Neurologe, Augenarzt, Dermatologe,…) zu. Auch die maximale Gesamtdosis der einzelnen Präparate bei kombinierter Anwendung  in verschiedenen Körperregionen muss beachtet werden.

Literaturverweise:

  1. Stöhrer M, Schurch B, Kramer G, et al. Botulinum-A toxin in the treatment of detrusor hyperreflexia in spinal cord injury: a new alternative to medical and surgical procedures? Neurourol Urodyn 1999;18:401-2.
  2. Schurch B, Schmid DM, Stöhrer M. Treatment of neurogenic incontinence with botulinum toxin A (letter). N Engl J Med 2000 Mar;342(9):665. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10702067
  3. Schurch B, Stöhrer M, Kramer G, et al. Botulinum-A toxin for treating detrusorhyperreflexia in spinal cord injured patients: a new alternative to anticholinergic drugs? Preliminary results. J Urol 2000 Sep;164(3 Pt 1):692-7. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10953127
  4. Schulte-Baukloh H, Michael T, Schobert J, et al. Efficacy of botulinum-A toxin in children with detrusor hyperreflexia due to myelomeningocele: preliminary results. Urology 2002 Mar;59(3):325-7; discussion 327-8. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11880062
  5. Wyndaele JJ, Van Dromme SA. Muscular weakness as side effect of botulinum toxin injection forneurogenic detrusor overactivity. Spinal Cord 2002 Nov;40(11):599-600. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12411968
  6. Reitz A, Stöhrer M, Kramer G, et al. European experience of 200 cases treated with botulinum-A toxin injections into the detrusor muscle for urinary incontinence due to neurogenic detrusor overactivity. Eur Urol 2004;45(4):510-15. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15041117
  7. Del Popolo G, Filocamo MT, Li Marzi V, et al. Neurogenic detrusor overactivity treated with English Botulinum Toxin A: 8-year experience of one single centre. Eur Urol 2008 May;53(5):1013-19.
  8. Akbar M, Abel R, Seyler TM, et al. Repeated botulinum-A toxin injections in the treatment of myelodysplastic children and patients with spinal cord injuries with neurogenic bladder dysfunction. BJU Int 2007 Sep;100(3):639-45. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17532858
  9. Grosse J, Kramer G, Stöhrer M. Success of repeat detrusor injections of botulinum a toxin in patients with severe neurogenic detrusor overactivity and incontinence. Eur Urol 2005 May;47(5):653-9.
  10. Cruz F, Herschorn S, Aliotta P, Brin M, Thompson C, Lam W, Daniell G, Heesakkers J, Haag-Molkenteller C. Efficacy and safety of onabotulinumtoxinA in patients with urinary incontinence due to neurogenic detrusor overactivity: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Eur Urol. 2011 Oct;60(4):742-50. Epub 2011 Jul 13.
  11. Ginsberg D, Gousse A, Keppenne V, Sievert KD, Thompson C, Lam W, Brin MF, Jenkins B, Haag-Molkenteller C. Phase 3 efficacy and tolerability study of onabotulinumtoxinA for urinary incontinence from neurogenic detrusor overactivity. J Urol. 2012 Jun;187(6):2131-9. Epub 2012 Apr 12.

Univ.-Prof. Dr. Helmut Madersbacher