Die jüngste Judikatur eines Deutschen Gerichts, welche die „rituelle Beschneidung“ von Knaben als Körperverletzung klassifizierte, hat zu zahlreichen Rückfragen, Diskussionen und zu einer nicht unbeträchtlichen Verunsicherung der Bevölkerung wie auch der Ärzteschaft geführt.
Bezug nehmend auf das gegenständliche Urteil kann folgendes festgehalten werden:
- Die Judikatur eines Deutschen Gerichts ist für Österreich nicht bindend.
- Wenngleich in die öffentliche Diskussion auch medizinische Argumente sowohl „für“ als auch „gegen“ eine Circumcision eingeflossen sind, handelt es sich hierbei um ein rein juristisches und nicht um ein medizinisches Problem. Wie sich die Situation darstellt, widersprechen sich offensichtlich zwei Aspekte des Grundrechts, und zwar einerseits das „Recht auf körperliche Unversehrtheit“, andererseits das „Recht auf freie Religionsausübung“. Die Problematik entsteht dadurch, dass die rituelle Beschneidung integraler Bestandteil einiger staatlich anerkannter Religionsgemeinschaften ist.
- Da eine höchstgerichtliche Klärung der Situation in Österreich nur im Anlassfall (also bei Klage und entsprechender Durchjudizierung) zu erwarten ist, muss seitens des Gesetzgebers eine diesbezügliche Entscheidung veranlasst werden.
- Bis eine für Österreich verbindliche Rechtsklarheit hergestellt ist, liegt die jeweilige Entscheidung ob die Beschneidung durchgeführt wird oder nicht bei den betroffenen ÄrztInnen selbst. Auch eine Beschäftigung des zuständigen Pflegschaftsgerichts mit jedem einzelnen Fall wäre denkbar.
- Die Circumcision wegen einer Phimose (medizinische Indikation) bleibt jedenfalls unbestritten.
Abschließend kann nur der Hoffnung Ausdruck verliehen werden, dass der Gesetzgeber möglichst bald die für alle Beteiligten erwartete Rechtsklarheit herstellt.